Die Geschichte der Freiwilligen Feuerwehr Selb

Die Gründung der Feuerwehr Selb

Im Jahrbuch des Deutschen Feuerlöschwesens von 1871 sind im Regierungsbezirk Oberfranken u. a. lediglich vier Feuerwehren aus dem jetzigen Landkreis Wunsiedel i. F. mit Angabe des Gründungsjahres, der Mitglieder und Spritzen sowie Name und Stand des Vorstandes und des Kommandanten aufgelistet, und zwar die Feuerwehren:

Selb – Gründungsjahr 1857

Wunsiedel – Gründungsjahr 1859

Redwitz – Gründungsjahr 1867

Kirchenlamitz – Gründungsjahr 1870

Georg Ludwig war Vorstand und Kommandant der Feuerwehr Selb und von 1863 bis 1872 Bürgermeister in Selb. Leider konnten im Selber Stadtarchiv keine Unterlagen über die Gründung 1857 gefunden werden. Es wurde aber im Jahre 1868 vom Magistratsvorstand eine Feuerwehrmannschaft (Pflichtfeuerwehr) aufgestellt, welche 91 Mann zählte. Am 13. Februar 1869 hat das Bezirksamt Rehau beim Stadtrat Selb angeregt, eine Feuerwehr zu gründen. Der Stadtrat antwortete am 15.März 1869, dass seit dem Jahre 1856 die Stadt zum größten Teil neu und massiv erbaut wurde und seit dieser Zeit bis zum Januar 1868 kein Brandunglück mehr vorgekommen ist. Im Bezirksblatt Nr. 43, Seite 172, Jahrgang 1870 wurde aufgrund einer Zuschrift der Freiwilligen Feuerwehr in München, im Interesse der guten Sache, zur Bildung freiwilliger Feuerwehren aufgerufen. Erst im Jahre 1872, als das königliche Bezirksamt Rehau die Bildung einer Freiwilligen Feuerwehr mit Nachdruck forderte, wurde man in dieser Richtung tätig.

Der Initiative des Lehrers Adam Ploß ist es zu verdanken, dass noch im gleichen Jahr eine Freiwillige Feuerwehr ins Leben gerufen wurde, nachdem der Stadtmagistrat in einer Bekanntmachung vom 28. September 1872 im Selber Anzeiger Nr. 232 die Finanzierung der notwendigen Ausrüstungen und Geräte zugesichert hatte.

Nach einem Aufruf vom 29. Oktober 1872 konnte zur Gründungsversammlung eingeladen werden. Diese fand am 1. Dezember 1872 um 15 Uhr im Rathaussaal statt. 60 Männer erklärten zur Versammlung ihren Beitritt. Nach wenigen Wochen betrug die Stärke der jungen Wehr nahezu 200 Mann. Zum Kommandanten und Vorstand wurde Adam Ploß gewählt, als seine Adjutanten fungierten Balthasar Zollfrank und Christoph Schuster. Die Wehr gliederte sich in Signalisten, Retter, Spritzenmänner, Steiger und Ordner. Alarmiert wurde mit Signalhörnern „dreimal je vier Trompetenstöße im Dreiklang mit sechsmal wiederholter Oktave“. Die Geräte und Ausrüstung wurden in der Folgezeit weiter ergänzt. Bereits im Jahre 1873 wurde eine neue Spritze und eine Schubleiter, hergestellt vom Selber Mechanikermeister Thomas Netzsch, in Dienst gestellt.

Leider wurde die Wehr am 29.Mai 1886 von einem tragischen Unglücksfall getroffen. Bei einer Übung auf dem Pflasterberg fiel die dreiteilige Schiebeleiter aus nicht feststellbaren Gründen um. Dabei verunglückte der Obersteiger Christian Zeidler tödlich.

Bis zum Jahre 1893 stand die Freiwillige Feuerwehr allein im Brandfall. Doch am 15.Mai 1893 wurde die Fabrikfeuerwehr Rosenthal und am 1. Mai 1895 die Fabrikfeuerwehr Hutschenreuther gegründet. Eine wesentliche Verbesserung des Feuerschutzes trat im Jahre 1896 durch die Errichtung der Wasserversorgungsanlagen der Stadt Selb mit zunächst 86 Hydranten ein.

 

Die Weltkriege

Die Jahre 1914-1918 brachten der Wehr schmerzliche Verluste, denn 16 Kameraden verloren im Krieg ihr Leben.

Im Jahre 1925 erhielt die Feuerwehr eine Alarmanlage mit 60 Weckeranschlüssen. 1929 wurde ein Flader- Mannschaftswagen mit Vorbaupumpe und vollständiger Ausrüstung zu einem Preis von 13.000 Mark angeschafft.

In den Jahren 1937-1945 hatte die Feuerwehr nur noch Dienstappelle. Versammlungen und Sitzungen waren nicht mehr erlaubt. Der Wehr war der Vereinscharakter entzogen und sie unterstand der Polizei. Im letzten Kriegsjahr wurde die Wehr nach schweren Luftangriffen zu Lösch-einsätzen nach Nürnberg und Eger gerufen. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges begann ein neuer Abschnitt für die Feuerwehr der Stadt Selb. Durch intensive Werbung konnte die Zahl der aktiven Mitglieder erhöht werden. Aus Beständen der ehemaligen Wehrmacht erwarb die Stadt eine Autodrehleiter DL 22 und einen Opel-Blitz-Kastenwagen. 1953 stellte die Stadt ein modernes Tanklöschfahrzeug TLF 15 mit einem 2400 L Wassertank in Dienst.

 

Immer wieder das Problem Gerätehaus

Die Unterbringung der Löschgeräte bereitete der Wehr seit ihrer Gründung immer große Sorgen. Das erste „Gerätehaus“ war eine Remise in der Pfaffenleithe, in der bisher die städtischen Feuerlöschrequisiten untergebracht waren. Später musste man, weil der Platz nicht mehr ausreichte, in einen Schuppen im Rathaushof umziehen. Da sich dieser Schuppen aber nicht für das Einstellen von Kraftfahrzeugen eignete, plante man Ende der zwanziger Jahre den Neubau eines Gerätehauses am alten Bahnhofsplatz, welcher aber nicht realisiert wurde. Im März 1935 wurden der Wehr die Gebäude der ehemaligen Steinschleiferei Wölfel an der jetzigen neuen Post zugewiesen. Doch auch damit war keine Dauerlösung gefunden, weil keine Möglichkeit zur Schlauch-pflege und -trocknung und auch kein Unterrichtsraum vorhanden waren. Das Drängen der Feuerwehr, ein neues Gerätehaus zu bauen, wurde immer stärker. Die Stadt Selb hatte aber nach dem Krieg andere Aufgaben zu erfüllen, wie Schulhaus und Wohnungsbau, sodass die Feuerwehr immer wieder vertröstet wurde. Im März 1957 versprach OB Christian Höfer sich für ein neues Gerätehaus einzusetzen, welches im August 1959 dann an der Lessingstr. eingeweiht werden konnte.

Der Stadtrat beschloss die Einrichtung einer Funkalarmanlage, die im Herbst 1969 mit zunächst 20 Alarmempfängern in Betrieb genommen wurde. 1971 wurde die Alarmanlage erweitert, so dass jetzt 70% der Mannschaft erreicht werden konnten.

Im Jahre 1972 feierte die Feuerwehr vom 14. Juli bis 16. Juli ihr 100jähriges Bestehen auf dem Goldberg.

Am 1. Juli 1972 wurde in Bayern eine Gebietsreform durchgeführt. Eine so umfassende Maßnahme konnte auch auf die Organisation Feuerwehr nicht ohne Einfluss bleiben. So wurde die bislang kreisfreie Stadt Selb als „Große Kreisstadt“ dem Landkreis Wunsiedel zugeordnet. In dieser Zeit ging bei den Feuerwehren die Alarmierung zu Bränden immer mehr zurück, stattdessen wurden die Technischen Hilfeleistungen immer mehr. Somit musste auch die Ausbildung geändert und zusätzlich Technische Hilfe geübt werden.

In den 90iger Jahren wurde wieder ein leidiges Thema an den Stadtrat seitens der Feuerwehr herangetragen – und zwar der Neubau eines Gerätehauses. Im bisherigen Gerätehaus konnten die Fahrzeuge nicht mehr nach der Unfallverhütungsvorschrift untergebracht werden. Die Mehrheit im Stadtrat war für den Bau eines neuen Hauses an der Franzensbader Straße, wogegen die Fraktion der Aktiven Bürger lieber einen Anbau am alten Gerätehaus favorisierte. So wurde erstmals in der Stadt Selb ein Bürgerentscheid über einen Neubau oder Anbau durchgeführt. Die Bürger der Stadt Selb entschieden sich bei der Wahl für den Neubau. Am 12. Dezember 1997 wurde das Gerätehaus durch OB Werner Schürer an die Feuerwehr übergeben.

 

Jahrtausendwende

Ebenfalls im Jahre 1997 wurde die Selber Wehr dem Katastrophenschutz angegliedert. Daraufhin wurde ein Schlauchwagen (SW) 2000 aus Mitteln des Bundes bei der Selber Feuerwehr stationiert. Zum Ende des Jahres 2001 und Mitte 2003 mussten die Kameradinnen und Kameraden zwei schwere Schicksalsschläge hinnehmen. Der langjährige Kommandant und Stadtbrandinspektor Harald Schmidt verstarb in der Nacht des Heiligen Abend im Jahre 2001 im Alter von 50 Jahren plötzlich und unerwartet. Er hatte sich in den Jahren seines Wirkens – nicht zuletzt auch beim Bau der neuen Wache – um das Feuerlöschwesen der Stadt Selb besonders verdient gemacht.

Der daraufhin neu gewählte Kommandant Udo Kießling starb nach kurzer schwerer Krankheit im Juli 2003 im Alter von 43 Jahren.

Seit dem Jahr 2003 wird das Gerätehaus unter dem Namen „Werner Schürer Wache“ geführt. Der ein Jahr vorher verstorbene Oberbürgermeister hatte stets ein Herz für die Freiwillige Feuerwehr Selb und sich zu jeder Zeit um das Feuerlöschwesen verdient gemacht.

Im Jahr 2007 wurde das vorhandene LF-8 durch ein Tanklöschfahrzeug (TLF) 20/40 SL ersetzt. Im Jahr 2010 wurde als Kommandowagen ein Audi Q5 als Ersatz für einen 20 Jahre alten Ford Sierra angeschafft. Der vom Bund für Katastrophenschutz stationierte SW 2000 wurde 2012 nach Wunsiedel verlagert. Grund hierfür, war die Bereitstellung eines neuen Löschgruppenfahrzeuges für Katastrophenschutz (LF KatS) in der Feuerwehr Selb.

 

Fahrzeugkonzept

Bereits von den Kommandanten Max Schmidt und Steffen Guttau in den Jahren 2004 – 2014 auf den Weg gebracht, trägt das sogenannte „Fahrzeugkonzept“ inzwischen seine Früchte. Ziel des Konzepts war es, die Aufgaben breiter auf die vorhandenen Feuerwehren der Stadt Selb zu verteilen und bei Bedarf nur noch einzelne Fahrzeuge und Gerätschaften von der Stützpunktfeuerwehr Selb zu Einsätzen unserer Ortsteilwehren beizubringen.

Zu diesem Zweck wurde 2013 ein Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug (HLF) 20 angeschafft. Nur 2 Jahre später, im Jahr 2015, musste aufgrund von irreparablen Schäden die 1992 angeschaffte Drehleiter (DLK 23/12) erneuert werden. So stellte man im Jahr 2016 eine neue Automatische Drehleiter DL(A)K 23/12 Vario GL/S von Magirus in den Dienst. Noch im selben Jahr entschied sich der Landkreis drei neue Verkehrssicherungsanhänger (VSA) für die BAB anzuschaffen, da die bisherigen, die vorhandenen Normen, nicht mehr erfüllten. 2017 wurden diese in Dienst gestellt. Die VSA wurden entlang der Autobahn sinnvoll aufgeteilt, so dass neben der Feuerwehr Selb auch Thiersheim und Marktredwitz einen solchen erhielten.

Im Jahr 2018 erhielt die Feuerwehr Selb, jeweils als Ersatzbeschaffung, einen neuen Rüstwagen (RW) und einen neuen Versorgungslastkraftwagen (V-LKW) mit Rollcontainern. Durch die Beschaffung dieser beiden Fahrzeuge, sparte man den vorhandenen Gerätewagen Atemschutz ein. Anhand eines ausgefeilten Konzepts bei der Beschaffung dieser Fahrzeuge war es nun endgültig möglich, das in den 2000er Jahren begonnene Fahrzeugkonzept zusammen mit den Ortsteilfeuerwehren vollumfänglich umzusetzen. Im Jahr 2020 erhielt die Feuerwehr Selb zusätzlich einen Vorwarnanhänger (VWA) für die Bundesautobahn. Da die gleichzeitige Bedienung des VSA und des VWA sehr personalintensiv war, sind der Verkehrssicherungsanhänger und das LF-KatS (als Ersatz für deren ausgemustertes LF 8/6) seitdem bei der Ortsteilwehr Erkersreuth stationiert.

 

150 Jahre Feuerwehr Stadt Selb

Im Jahre 2022 feierte die Feuerwehr der Stadt Selb ihr 150jähriges Bestehen. Hierzu wurde für die Bevölkerung ein Fest mit Tag der offenen Tür organisiert, das als voller Erfolg bezeichnet werden kann. Im Rahmen des Festkommers im Rosenthal Theater wurde auch offiziell das Jubiläum gefeiert.